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Petition gegen Keulung bei MKS: „Unsere Tiere dürfen nicht auf dem Altar des internationalen Handels geopfert werden“

Eine neue Petition der oberösterreichischen Landwirtin Helga Krückl ruft zum Umdenken im Umgang mit der Maul- und Klauenseuche auf. Die Biobäuerin fordert Alternativen zur Keulung ganzer Tierbestände und kritisiert die politischen Vorgaben als ethisch nicht vertretbar und wirtschaftlich motiviert. Über 2000 Menschen haben bereits unterzeichnet.

Helga Krückl, Biobäuerin und Psychotherapeutin aus dem oberösterreichischen Bezirk Perg, schlägt Alarm: Im Fall eines MKS-Ausbruchs (Maul- und Klauenseuche) müssen laut geltender Regelung alle Tiere eines betroffenen Betriebs gekeult werden – auch die gesunden. Eine Praxis, die sie als unethisch, nicht mehr zeitgemäß und wissenschaftlich fragwürdig bezeichnet. Mit einer Online-Petition fordert sie nun Alternativen zur Keulung und eine Neuausrichtung des staatlichen Seuchenmanagements.

MKS wäre nur für 5 % der Tiere tödlich

„Tritt die für den Menschen ungefährliche Seuche in einem Betrieb auf, werden alle Tiere am Betrieb gekeult – auch die gesunden! Dies ist unnötig und ethisch nicht vertretbar, denn die Krankheit ist nur für 5 Prozent der Tiere tödlich“, heißt es in der Petition, die bereits über 2000 Unterstützer:innen gefunden hat. Für Krückl, die seit vielen Jahren schottische Hochlandrinder züchtet und sich mit ihrer Zucht europaweit einen Namen gemacht hat, geht es dabei um mehr als Tiergesundheit: Es geht um Tierleben, Ethik – und Vertrauen.

Sie kritisiert: „Zuallererst ist MKS eine Handelsseuche. Durch die heutigen Warenströme kann sie sich viel weiter und schneller verbreiten als früher. Daher ist das Handeln der Regierung in Bezug auf die Sicherung der Grenzen absolut unverständlich.“ Besonders alarmierend seien Videos von ungesicherten Grenzübergängen, „wo nicht einmal ein Seuchenteppich liegt“. Die ständig gelockerten Verordnungen trotz neuer Fälle in Ungarn zerstörten das Vertrauen in die politischen Maßnahmen, so Krückl.

Zwar wurden Anfang April erste Änderungen vorgenommen – seither müssen nicht mehr automatisch alle Tiere im Umkreis von drei Kilometern getötet werden –, doch das sei für Krückl nicht genug: „Bei den Keulungen werden alle Paarhufer des betroffenen Betriebes getötet – ohne Ausnahme. Auch trächtige Tiere, sogar wenige Tage vor der Geburt, wenn das Kalb schon lebensfähig ist. Das Jungtier erstickt dann bei vollem Bewusstsein in der toten Mutter.“

Für Krückl ist klar: „MKS ist für den Menschen ungefährlich und auch für die Tiere nur zu fünf Prozent tödlich. Erkrankte Tiere gesunden wieder. Es gäbe auch eine seit Jahrzehnten bewährte, wirksame Impfung.“ Dass diese in der EU ausnahmslos verboten sei, stimme nicht. „Auch kann man sehr wohl geimpfte und erkrankte Tiere im Blutbild unterscheiden“, sagt sie und betont: „Bei den derzeitigen politischen Entscheidungen geht es alleinig um den Welthandel. Denn nach Impfungen dürfte Österreich in einige Länder vorübergehend kein Fleisch und keine Milchprodukte exportieren. Unsere Tiere dürfen nicht auf dem Altar des internationalen Handels geopfert werden.“

Familiäre Betriebe und jahrzehntelange Zuchtarbeit gefährdet

Ein weiterer Kritikpunkt ist die fehlende Differenzierung im Umgang mit kleinen, familiengeführten Betrieben. „Österreichs Bauernhöfe sind Familienbetriebe mit vergleichsweise kleinen Tierbeständen. Dadurch besteht eine ganz andere Beziehung zwischen Bauer und Vieh als auf Großbetrieben mit Fremdarbeitskräften“, erklärt Krückl. Die Folgen einer Bestandskeulung wären dramatisch: „Es würde generationenübergreifende, jahrzehntelange Zucht zerstört.“

„Tötet man die Zuchtherde eines Hofes, so nimmt man dem Hof seine Identität und seine Seele“, sagt Krückl eindringlich und ergänzt: „Viele Bauern haben mir gesagt: Wenn meine Tiere gekeult werden, dann fange ich gar nicht mehr an.“

Die Petition mit dem Titel „Wertvolles Tierleben schützen“ ist online verfügbar und richtet sich an Entscheidungsträger:innen in Politik und Verwaltung:

👉 Jetzt Petition unterstützen: www.openpetition.eu/at/petition/online/wertvolles-tierleben-schuetzen

Hintergrund

Helga Krückl betreibt mit ihrer Familie den Bio-Hof Schneiderlehen im Bezirk Perg, wo sie sich mit der Zucht von schottischen Hochlandrindern einen Namen gemacht hat. Bekannt ist sie auch für ihre Pionierarbeit in der stressfreien Hofschlachtung und ihre konsequente Ausrichtung auf Tierwohl und nachhaltige Landwirtschaft.

Hier der Text der Petition im Original

Testen, impfen und heilen statt töten bei Maul- und Klauenseuche (MKS)

Die Standardvorgabe in Österreich soll geändert werden in:
+  Testen von Tieren
+  Impfen von Tieren (Anmerkung: Die Impfung ist in der EU 1991 eingestellt worden, weil die MKS mit Erfolg getilgt worden war, Details)
+  Heilen von Tieren
 
Die derzeitige Standardvorgabe in Österreich – (nach neuem Kenntnisstand veraltet!) lautet:

  • Keine Behandlung der erkrankten Tiere bei Maul- und Klauenseuche (MKS)
  • Keine echte Schutzimpfung
  • „vorsorgliche“ Tötung des gesamten Bestandes

Begründung

Entsprechend der EU-Verordnung VO (EU) 2016/429 werden den Mitgliedsstaaten Entscheidungsspielräume eingeräumt, eine Neuanpassung der derzeit gültigen MKS-Verordnung durchzuführen.

Wir fordern daher vom Österreichischen Nationalrat, das zuständige Bundesministerium zu beauftragen, die oben angeführten Änderungen durchzuführen.
 
Begründung:
 
1)   Das Procedere des als „Keulen“ bekannten Tötens eines ganzen Bestandes führt dazu, dass bei diesen Massentötungen immer wieder ungeeignete, für das Tier qualvolle Tötungsmethoden zur Anwendung kommen, z.B. bei tragenden Muttertieren, durch hohen Stress aller Beteiligten bedingte „Nothandlungen“ usw., die im Gegensatz zum Tierschutzgesetz stehen. (siehe Hirt / Maisack / Moritz / Felde. Tierschutzgesetz: TierSchG)

2)   Tierwohl ist ein hohes Gut, das derzeit auch in der Breite der Bevölkerung als wichtig angekommen ist. Manche Marke wirbt explizit mit diesem Label. Die Landwirte sind strikte gefordert, alle Maßnahmen im Sinne des Tierwohls durchzuführen. Keulung entspricht in keiner Weise dem Tierwohl, steht dem entgegen. „Tierwohl gelebt“ muss von allen Beteiligten -Landwirt, Wirtschaft und Politik – umgesetzt werden, will es nicht zu einem „Fassadenbegriff“ verkommen.

3)   Nach einhelliger Auffassung von Rechtsprechung und Lehre reichen ausschließlich marktwirtschaftliche Gründe für die Tötung nicht aus – zum Unterschied zur Schlachtung als Gewinnung eines Nahrungsmittels.
Hinter der Keulung stehen „tatsächlich vielfach ökonomische Gründe,.“. Dies sei …. „vor dem Hintergrund des ethischen Tierschutzes außerordentlich kritisch zu beurteilen.“ (siehe: R. Binder: Der „vernünftige Grund“ für die Tötung von Tieren)

4)   Zuchtbetriebe, die über Jahrzehnte an der Erhaltung alter genetischer Rassen und Zuchttieren von höchster Qualität gearbeitet haben, verlieren mit einem Schlag unwiederbringlich wertvolle alte genetische Linien und Tiere mit wertvollem genetischem Potential. Ein Wiederbeschaffen ist nicht möglichDer Verlust kann nicht mit Geld aufgewogen werden.

5)   Der Schutz vor Krankheiten kann langfristig nur gelingen mit einem Blick auf das gesamte System, in dem wir leben. Das der Keulung zugrundeliegenden Leitbild „Ohne Wirt keine Virus““ führt bei exakter Ausführung zu einem Auslöschen von allem Lebendigen. In einer funktionierenden Wirtschaftswelt, in der wir global eingebunden sind in Handelswege mit Gütern aus Ländern, die einen gänzlich anderen Umgang mit MKS haben, kann das für unsere Tiere vernichtende Konsequenz haben, wenn wir sie bei Bedarf vor Vireneintrag aus anderen Ländern nicht schützen dürfen.

6)   Impfen als Möglichkeit des Schutzes wird derzeit sehr kontrovers diskutiert. Paradox dabei ist, dass der Erfolg des Impfstoffes in der Vergangenheit und die nachfolgende MKS-Freiheit z.B. in Österreich zu einer Situation geführt hat, in der weiteres Impfen (bei Bedarf) verboten wurde. Wir plädieren dafür, die Möglichkeit der Impfung neu zu überdenken.

7)   Tiere sind beziehungsfähige Mitgeschöpfe, die mit dem Menschen im Austausch leben. Wir sorgen für ein gutes Leben der Tiere, als Gegenzug dürfen wir ihr Fleisch, ihre Milch,… für uns nützen. Das wiederum ist die Lebensgrundlage der Bauern, die wiederum die Bevölkerung mit Lebensmittel versorgen. Und es ist im Interesse des Bauern, sich diese Lebensgrundlage zu erhalten – nach dem Leitbild „Geht es dem Tier gut, geht es dem Menschen gut“. Das Tier ist demnach keine Ware, die man einfach wegwerfen kann. Erst nach seinem Tod, der ohne Stress sein soll, wird es zur Ware. Das Tier ist ein leidensfähiges Mitgeschöpf, das uns anvertraut ist. Die Tierhalter, die sich ihrer Verantwortung für das Wohlergehen ihrer Tiere sehr wohl bewusst sind, werden durch den befohlenen „Keulungsakt“ schwer belastet und psychisch traumatisiert.

Fazit:

Das derzeitige Standardvorgehen durch präventives pauschales Töten ganzer Bestände soll entsprechend den gesetzlichen Möglichkeiten der EU verändert werden in ein System der Vorsorge und Heilung.

  • Wir plädieren für Testung potentiell infektiöser Tiere.
  • Wir fordern das Rechterkrankte Tiere zu behandeln.
  • Wir fordern ein Beenden des präventiven Tötens/Keulens.
  • Wir fordern die Möglichkeit des Impfens nach Bedarf.

Politik und Wirtschaft müssen Verhandlungsspielräume gegenüber allen Beteiligten ausschöpfen und in ihren Entscheidungen sich geänderten Realitäten im Sinne eines Miteinander anpassen.

Tiere dürfen dabei nicht die Leidtragenden sein. Sie sind auf unsere Fürsorge angewiesen.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Mag. Dr. Helga Krückl, Windhaag bei Perg

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